In Krisenzeiten geraten Klimaschutzmaßnahmen häufig in den Hintergrund. Doch die Folgen des Klimawandels betreffen vor allem ländliche Regionen direkt – durch Dürren, Hochwasser und Waldsterben. Eine aktuelle Studie von U. Zeigermann et al. analysiert, wie es zehn ländlich geprägten Landkreisen in vier deutschen Bundesländern gelungen ist, trotz der COVID-19-Pandemie und anderer Krisen Klimaschutz umzusetzen und welche Faktoren dabei zum Erfolg geführt haben.
Unterschiedliche Voraussetzungen für regionalen Klimaschutz
Die Studie zeigt deutlich, dass die strukturellen und sozioökonomischen Rahmenbedingungen zwischen den Regionen stark variieren. Bundesländer wie Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein konnten ihre Landkreise durch bestehende Klimaschutzstrategien und stabile Haushaltslagen besser unterstützen als strukturschwächere Bundesländer wie Thüringen und Brandenburg. Auch innerhalb der Bundesländer gab es große Unterschiede, die auf lokale Verwaltungsstrukturen, die Verfügbarkeit von Ressourcen und die politische Unterstützung durch die Landräte zurückzuführen sind.
Ein zentrales Ergebnis: In Landkreisen mit klaren Klimaschutzzielen und stabilen Klimaschutzstrukturen wurden auch in Krisenzeiten Maßnahmen weitergeführt oder schnell wieder aufgenommen, während in anderen Regionen Projekte auf Eis gelegt oder sogar ganz eingestellt wurden.
Erfolgsfaktoren für regionalen Klimaschutz
Die Studie hebt zwei Hauptkategorien von Erfolgsfaktoren hervor: institutionelle Faktoren und akteurbezogene Faktoren.
Institutionelle Faktoren: Hierzu zählen vorhandene Ressourcen, die institutionelle Einbindung des Klimaschutzmanagements und der Grad der politischen Unterstützung. In Landkreisen, in denen Klimaschutzstrategien fest verankert waren und personelle Ressourcen kontinuierlich verfügbar waren, konnten Projekte auch während der Pandemie fortgesetzt werden. Dies zeigt sich besonders in den westdeutschen Landkreisen wie dem Donnersbergkreis oder Rendsburg-Eckernförde, wo bestehende Klimaschutzkonzepte und stabile Haushalte die Grundlage für ein fortlaufendes Engagement bildeten.
Akteurbezogene Faktoren: Lokale Klimaschutzmanager*innen, die als sogenannte „Policy Entrepreneurs“ fungieren, spielten eine zentrale Rolle. Ihr Engagement und ihre Flexibilität, schnell auf neue Herausforderungen zu reagieren und innovative Lösungswege zu finden, waren in vielen Fällen ausschlaggebend für den Erfolg. Diese Akteure sorgten dafür, dass auch unter schwierigen Bedingungen Maßnahmen weitergeführt wurden. Die Fähigkeit, Partner für alternative Projekte zu gewinnen, pragmatische Lösungen zu finden und digitale Kommunikationsformate zu nutzen, half vielen Landkreisen, den regionalen Klimaschutz auch in der Pandemie aktiv zu gestalten.
Herausforderungen durch die Pandemie
Die Pandemie stellte jedoch auch zentrale Herausforderungen für den Klimaschutz in den Regionen dar. Viele geplante Projekte wie Car-Sharing-Initiativen, Pfandsysteme oder klimafreundliche Veranstaltungen mussten verschoben oder umgestellt werden. Besonders in strukturschwachen Landkreisen, die auf Fördermittel angewiesen sind, waren personelle und finanzielle Engpässe deutlich spürbar.
Hinzu kam, dass in einigen Landkreisen Klimaschutzmanager*innen aus Mangel an Personal zur Bewältigung der Pandemie in andere Aufgabenbereiche – wie etwa die Kontaktverfolgung im Gesundheitsamt – versetzt wurden. Dies führte in einigen Regionen zu einem kompletten Stillstand der Klimaschutzarbeit. Die Befragten kritisierten, dass Klimaschutz aufgrund seiner freiwilligen Natur als „nachrangige Aufgabe“ behandelt und leicht verschoben werden konnte, was besonders in ostdeutschen Landkreisen problematisch war.
Digitale Chancen und neue Kommunikationswege
Eine überraschend positive Entwicklung war die Nutzung digitaler Formate für den Klimaschutz. Viele Klimaschutzmanager*innen nutzten Videokonferenzen und Online-Workshops, um ihre Netzwerke zu pflegen und die lokale Bevölkerung zu sensibilisieren. In einigen Fällen führte dies sogar zu einer höheren Beteiligung, da die digitalen Formate flexibler waren und Menschen erreichten, die aufgrund von Entfernung oder familiären Verpflichtungen sonst nicht teilnehmen konnten. Allerdings wurden weniger internetaffine Partner durch die Umstellung auf digitale Formate manchmal ausgeschlossen.
Fazit: Regionale Klimaschutzstrategien für eine krisensichere Zukunft
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass regionaler Klimaschutz in Krisenzeiten durchaus erfolgreich sein kann – vorausgesetzt, es bestehen stabile institutionelle Rahmenbedingungen und engagierte Akteure, die flexibel auf Herausforderungen reagieren können. Klimaschutzmanager*innen, die als zentrale Ansprechpersonen agieren und die Fähigkeit haben, trotz Widrigkeiten voranzugehen, erwiesen sich als Schlüssel für den Erfolg in vielen Landkreisen.
Die Studie unterstreicht die Bedeutung einer gut verankerten und langfristig orientierten regionalen Klimaschutzstrategie. In Zeiten globaler Krisen und wirtschaftlicher Unsicherheiten ist es wichtig, dass Klimaschutzmaßnahmen auch lokal gut strukturiert und institutionell verankert sind. Nur so kann gewährleistet werden, dass der Klimaschutz auch unter Druck weitergeführt wird und ländliche Regionen in Deutschland auf die Herausforderungen des Klimawandels vorbereitet sind.
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