Die Europäische Union hat mit ihrer Entwaldungsverordnung (EUDR) ein klares Ziel vor Augen: den weltweiten Verlust von Wäldern einzudämmen und dadurch den Klimawandel sowie den Verlust der biologischen Vielfalt zu bekämpfen. Doch in der Umsetzung dieses ehrgeizigen Vorhabens gab es zuletzt bedeutende Entwicklungen. Das Europäische Parlament hat entschieden, die Anwendung der Verordnung um ein Jahr zu verschieben. Damit wird Unternehmen und Behörden mehr Zeit eingeräumt, die umfangreichen Anforderungen der Verordnung zu erfüllen.
Hintergrund und Bedeutung der Verordnung
Die EU-Entwaldungsverordnung, verabschiedet im April 2023, verpflichtet Unternehmen, sicherzustellen, dass Rohstoffe wie Soja, Palmöl, Holz, Kakao, Rinder und andere Produkte nicht aus entwaldeten Gebieten stammen. Der EU-Verbrauch ist verantwortlich für etwa 10 % der globalen Entwaldung – vor allem durch die Nachfrage nach Palmöl und Soja.
Die Vorschriften erfordern umfangreiche Nachweise und Dokumentationen, um die Lieferketten der Unternehmen transparent zu machen. Die Bestimmungen sind seit Juni 2023 in Kraft, sollten aber ursprünglich ab dem 30. Dezember 2024 verbindlich angewandt werden.
Entscheidung für eine Verschiebung
Aufgrund der Komplexität der Anforderungen und der Kritik aus Mitgliedsstaaten, Unternehmen und Handelspartnern hat das Europäische Parlament mit 371 Stimmen für eine Verschiebung gestimmt. Große Marktteilnehmer müssen die Anforderungen nun ab dem 30. Dezember 2025 erfüllen, während Kleinst- und Kleinunternehmen bis zum 30. Juni 2026 Zeit haben.
Ministerin Silke Gorißen, verantwortlich für Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen, begrüßte diese Entscheidung:
„In Ländern wie Deutschland, wo die Waldfläche nachweislich stabil bleibt oder sogar zunimmt, bedeutet die Verordnung eine unnötige bürokratische Belastung. Unsere Land- und Forstwirte brauchen weniger Bürokratie und mehr Planungssicherheit.“
Neue Ansätze: Null-Risiko-Zonen
Ein weiterer Fortschritt in der Gesetzgebung ist die Einführung der „Null-Risiko-Zonen“. Länder, die nachweislich keine oder nur vernachlässigbare Entwaldung aufweisen, wie Deutschland, sollen weniger strenge Anforderungen erfüllen müssen. Dies soll den bürokratischen Aufwand in diesen Regionen verringern und eine differenzierte Umsetzung ermöglichen.
Die EU-Kommission wurde zudem beauftragt, bis Juni 2025 ein länderspezifisches Benchmarking-System einzuführen, das Länder je nach Entwaldungsrisiko kategorisiert.
Kritik und Herausforderungen
Obwohl die Verschiebung begrüßt wird, bleibt die Unsicherheit in der Übergangsphase ein Problem. Ministerin Gorißen fordert schnelle Klarheit, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden:
„Ich fordere alle beteiligten Institutionen auf, für schnellstmögliche Klarheit zu sorgen.“
Zudem müssen in den kommenden Monaten in Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission die Anpassungen bestätigt werden, damit die Änderungen rechtzeitig vor dem 1. Januar 2025 in Kraft treten.
Fazit
Die Verschiebung der EU-Entwaldungsverordnung zeigt den Balanceakt zwischen ambitionierten Umweltschutzmaßnahmen und der Realität bürokratischer und wirtschaftlicher Herausforderungen. Die zusätzlichen Anpassungen, wie die Null-Risiko-Zonen, könnten den Weg für eine praxistauglichere Umsetzung ebnen, ohne die Umweltziele zu gefährden. Es bleibt jedoch entscheidend, dass die EU eine klare Linie findet, um sowohl den Waldschutz zu gewährleisten als auch den betroffenen Branchen ausreichend Unterstützung zu bieten.
Mit der neuen Frist haben Unternehmen und Behörden nun die Chance, die Vorschriften effizient und nachhaltig umzusetzen – eine Gelegenheit, die genutzt werden muss, um den globalen Waldschutz entscheidend voranzutreiben.
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