Die friedliche Revolution von 1989/1990 brachte nicht nur politische und gesellschaftliche Umbrüche, sondern rückte auch die Umweltsituation in der DDR ins öffentliche Bewusstsein. Das Thema Umweltschutz, offiziell als Staatsziel verankert, wurde in der Realität oft von wirtschaftlichen Interessen und politischer Geheimhaltung überlagert. Dieser Beitrag beleuchtet die Umweltpolitik der DDR, die Rolle der Umweltbewegung während der Revolution und die Entwicklungen seit der deutschen Einheit.
35 Jahre Friedliche Revolution in der DDR: Der Umbruch und die Umwelt
Bereits 1968 wurde der Umweltschutz in der Verfassung der DDR als Staatsziel verankert. Mit dem Landeskulturgesetz von 1970 und der Gründung eines Umweltministeriums 1972 war die DDR international Vorreiter. Doch der Schein trog: Dramatische Umweltschäden waren an vielen Orten offensichtlich. Smog in Industriegebieten, verschmutzte Gewässer und großflächige Bodenvergiftungen durch militärische und industrielle Altlasten prägten das Bild. Bis 1989 waren Umweltdaten als „geheim“ eingestuft und für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Die wirtschaftliche Planwirtschaft und die Energieversorgung durch Braunkohle führten zu katastrophalen Belastungen. Laut dem Umweltbericht der damaligen BRD aus 1990 waren die Luft- und Wasserbelastungen in der DDR vielfach höher als in der Bundesrepublik.
Umweltschutz als Oppositionsthema
Ab den 1970er-Jahren entstand eine Umweltbewegung, die zunehmend auch das politische System kritisierte. Eingaben an Behörden, Fahrraddemos und Umweltgottesdienste waren Ausdruck eines wachsenden Unmuts. Die Umweltbibliothek, gegründet 1986 in der Zionskirche in Ost-Berlin, wurde zu einem zentralen Ort für oppositionelle Gruppen. Umweltfragen waren eng mit Forderungen nach Meinungsfreiheit und Demokratie verknüpft. Trotz staatlicher Repressionen und Überwachung durch die Staatssicherheit trugen diese Gruppen wesentlich zur friedlichen Revolution bei.
Die Umweltsituation nach 1989: Dokumentation und erste Maßnahmen
Mit der politischen Wende wurden erstmals umfassende Daten über die Umweltschäden in der DDR veröffentlicht. Der Bericht von 1990 bezeichnete die Lage als „katastrophal“. Nur 31 % der Haushalte waren an Kläranlagen angeschlossen, und die Elbe galt als einer der am stärksten belasteten Flüsse Europas. Die Beseitigung von Altlasten und der Aufbau moderner Umweltschutzstrukturen wurden zu zentralen Aufgaben.
Noch vor der Wiedervereinigung wurde eine Umweltunion geschaffen, die Teile des bundesdeutschen Umweltrechts in der DDR einführte. Im September 1990 verabschiedete der Ministerrat der DDR ein Nationalparkprogramm, das 4,5 % der Fläche der DDR unter Schutz stellte. Diese Schutzgebiete bilden bis heute einen bedeutenden Teil des deutschen Naturschutzes.
Die Entwicklung seit der Wiedervereinigung
Nach der Wiedervereinigung 1990 begann ein umfangreiches Sanierungsprogramm, das bis 2000 gleiche Umweltstandards in Ost- und Westdeutschland schaffen sollte. Veraltete und umweltbelastende Industriebetriebe wurden stillgelegt, was zu einer deutlichen Verbesserung der Umweltbedingungen führte. Gleichzeitig führte dies jedoch zu Massenarbeitslosigkeit und sozialen Verwerfungen, die als „Einheitsschock“ bezeichnet werden.
Trotz der sozialen Herausforderungen wird die Umweltbilanz der Einheit positiv bewertet. Die Schwefeldioxid-Emissionen sanken in einigen Regionen auf ein Prozent der früheren Werte. Große Teile der früher belasteten Gewässer sind heute wieder sauber. Darüber hinaus entstanden innovative Betriebe im Bereich Umwelt- und Energietechnologie in den neuen Bundesländern.
Das „Grüne Wunder“ und der Naturschutz
Ein herausragender Erfolg ist das „Grüne Band“ entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze, das heute ein einzigartiges Naturschutzgebiet darstellt. Initiativen wie das Nationalparkprogramm und die Einrichtung von Biosphärenreservaten haben den Naturschutz auf ein neues Niveau gehoben. Michael Succow, einer der Initiatoren, wurde für seine Leistungen mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.
Lehren für die Zukunft
Die Umweltsituation in der DDR und die Erfahrungen der Wiedervereinigung zeigen, dass grundlegende Veränderungen nicht konfliktfrei verlaufen. Nachhaltigkeit erfordert eine Balance zwischen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Zielen. Die heutige Umweltpolitik orientiert sich an einem transformativen Ansatz, der demokratische Teilhabe und soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt. Die Geschichte der DDR und die Entwicklungen seit 1990 bleiben eine wichtige Quelle für Erkenntnisse über den Umgang mit Umweltproblemen in Zeiten des Wandels.
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